Vertrauen ist ein zentraler Grundwert

Am 6. September fand im Hotel Löwen in Meilen das 13. Symposium der Privatklinik Hohenegg zum Thema Vertrauen als Grundwert in Psychiatrie und Psychotherapie statt. Rund 200 Fachleute und Interessierte besuchten die Tagung.

Prof. Stefan Büchi zeigte in seinem Referat auf, wie wichtig Vertrauen im therapeutischen Prozess ist. Es gehe unter anderem darum, die Selbstverunsicherung des Patienten wieder in ein stabiles Selbstvertrauen überzuführen. Entscheidend für das Gelingen sei die Beziehungsgestaltung. «Vertrauen, Verständnis und Expertise sind zentral», sagte der Ärztliche Direktor der Privatklinik Hohenegg.

Der Schriftsteller und Publizist Peter Haffner veranschaulichte in seinen Ausführungen den Vertrauensverlust, den Menschen aufgrund von Globalisierung, Digitalisierung und Systemkrisen erfahren haben, und wie die kolossalen Veränderungen zu Angst, Rivalität und Abkehr von demokratischen Prinzipien führten.

I«Vertrauen muss die Schwächen von Autonomie ausgleichen», sagte Dr. Heinz Rüegger vom Institut Neumünster. Früher hätten die Patienten dem Arzt bedingungslos vertraut. Später hätten sie zunehmend die Kontrolle über die medizinischen Massnahmen übernommen. «Vertrauen wurde zum Gegenpol zu Autonomie». Der Theologe Heinz Rüegger plädierte für einen Zwischenweg, eine sogenannte relationale Autonomie, bei der Vertrauen in Ärztinnen und Therapeuten eine wichtige Rolle spielt.

Prof. Luc Ciompi zeigte auf, wie wichtig der Aufbau von Vertrauen bei der Behandlung von Psychotikern ist. «Eine Psychose geht sozusagen konstitutiv mit Misstrauen sich selbst und der ganzen Umwelt gegenüber einher. In der Therapie geht es darum, das Misstrauen in Vertrauen umzuwandeln.» Wie dieses Ziel erreicht werden kann, veranschaulichte Luc Ciompi anhand des Konzepts der Affektlogik und der über dreissigjährigen Erfahrungen aus der offenen therapeutischen Wohngemeinschaft Soteria Bern.

Der Schweizer Profisegler Dominik Neidhart referierte über erfolgreiche Projekte. Das ehemalige Mitglied des Alinghi-Teams, Gewinner des America’s Cup 2003, illustrierte mit eindrücklichen Beispielen die Bedeutung von Vertrauen für das Funktionieren von Teams.

Dr. Gunther Schmidt zeigte auf, wie Vertrauen als ko-evolutionäre Leistung entstehen kann – intrapersonell, interaktionell und in Organisationen. «Vertrauen ist die Voraussetzung für konstruktive und gelingende Kooperation», sagte der Ärztliche Direktor der Systelios-Klinik. Und: «Vertrauen ist ein aktiver Beitrag zur Beziehungsgestaltung, in Organisationen und Therapien.» Zudem sollten Misstrauensimpulse nicht abgewertet, sondern als wertvolle Rückmeldung aus dem Unwillkürlichen über Bedürfnisse von Sicherheit beachtet und genutzt werden.

In der abschliessenden Podiumsdiskussion tauschten sich unter der Leitung von Dr. Sebastian Haas, Stv. Ärztlicher Direktor der Hohenegg, Ärztinnen, Therapeuten, weitere Vertreter des Gesundheitswesens sowie ein Patient der Privatklinik ihre Erfahrungen aus.

Für die musikalischen Intermezzi des Symposiums waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hohenegg verantwortlich: Annette BibicaWim Beunders und Fred Van Mierlo.

Durch die Tagung führte Dr. Katrin Merz, Leitende Ärztin und Mitorganisatorin des Symposiums. Für die Organisation zeichnete Sabine Claus mitverantwortlich.

Text und Fotos: Rolf Murbach